Neuer Rahmen für die zukünftige Energiepolitik
Die Koalition setzt neue Schwerpunkte in der Energiepolitik und knüpft daran stabile Ausbaupfade für die kommenden Jahre. Denn die Bundesregierung steht vor der Aufgabe, den Ausbau erneuerbarer Energien zu forcieren und dabei die Versorgungssicherheit zu stärken. Vor diesem Hintergrund einigten sich die Regierungsparteien auf ein Maßnahmenpaket, das klare Orientierung bieten und Investoren zusätzliche Verlässlichkeit geben soll. Im Zentrum der Beratungen stand die Rolle neuer Gaskraftwerke sowie die Frage, wie Batteriespeicher künftig stärker eingebunden werden.

1. Warum jetzt gehandelt werden musste
Der Koalitionsausschuss von CDU, CSU und SPD setzte Mitte November wichtige Grundlagen für die Energiepolitik des kommenden Jahres. Die Beratungen fanden zu einem Zeitpunkt statt, an dem die Stromnachfrage steigt, Projektkosten durch Inflation wachsen und die Belastung des Stromnetzes in Spitzenzeiten spürbar zunimmt.
Ziel der Regierungskoalition ist es, erneuerbare Energien schneller auszubauen und zugleich ein stabiles Stromsystem sicherzustellen. Dafür wurde ein ganzes Maßnahmenpaket für mehr Planungssicherheit verabschiedet. Besonders umstritten war der Punkt, in dem es darum ging, wie stark neue Gaskraftwerke gefördert werden sollen und welche Rolle Speichertechnologien in Zukunft spielen.
2. Ausschreibungsmengen bleiben stabil – ein deutliches Signal
Ein Kernpunkt der Einigung ist die Entscheidung, bei Ausschreibungsmengen für Photovoltaik und Windkraft den status quo zu belassen. Damit bestätigt die Bundesregierung die Ausbauziele des EEG und widerspricht Befürchtungen, dass es aufgrund der Haushaltslage zu Kürzungen kommen könnte.
Der Ausbaupfad bis 2030 soll ohne Einschnitte fortgeführt werden. Dafür sollen Unternehmen trotz steigender Kosten und globaler Lieferketten langfristig planen können. Nach Angaben des Wirtschaftsministeriums bleibt ein kontinuierlicher Ausbau erneuerbarer Energien entscheidend, um eine klimaneutrale Energieversorgung zu erreichen.
3. Kraftwerksstrategie aktualisiert: acht Gigawatt neue Kapazität
Im Fokus stand außerdem die künftige Funktion steuerbarer Kraftwerke. Von der Koalition geplant sind Ausschreibungen über eine Kapazität von insgesamt zwölf Gigawatt. Davon sollen acht Gigawatt mindestens zehn Stunden am Stück eingespeist werden können. Diese Vorgabe begünstigt nach Einschätzung vieler Fachleute klassische Gaskraftwerke, da Batteriespeicher solche Laufzeiten meist nicht erlauben.
In einer Stellungnahme nannte Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche die Einigung einen wichtigen Baustein für ein verlässliches Energiesystem: „Die kurzfristige Ausschreibung von zwölf Gigawatt steuerbarer Kapazität stärkt die Stabilität unseres Energiesystems und sichert den Industriestandort Deutschland.“ Die Regierung betont, dass solche Reserven notwendig sind, um Zeiten mit wenig Wind und Sonne auszugleichen. Kritiker warnen hingegen, dass fossile Abhängigkeiten dadurch länger bestehen bleiben könnten. Zudem bleibt fraglich, ob der Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur schnell genug voranschreitet, um Gaskraftwerke künftig klimaneutral betreiben zu können.
4. Reaktionen aus Branche und Umweltverbänden
Die Rückmeldungen zu den neuen Leitlinien fallen unterschiedlich aus. Energieverbände wie der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e. V. – BDEW – befürworten die Pläne, da sie zusätzliche steuerbare Kraftwerksleistung für dringend notwendig halten. Umweltorganisationen hingegen sehen die starke Ausrichtung auf Gas kritisch.
Dagegen warnt die Deutsche Umwelthilfe davor, dass Batteriespeicher durch die Mindestlaufzeiten benachteiligt werden. Stimmen aus der Speicherbranche sprechen sich für technologieoffene Ausschreibungen aus, um Innovationen zu fördern und fossile Abhängigkeiten zu reduzieren. Offen bleibt zudem, ob die neuen Kapazitäten ausreichen, um den steigenden Strombedarf durch Wärmepumpen und Elektromobilität dauerhaft zu decken.
5. Wichtige Entscheidungen sind noch nicht getroffen
Trotz der Einigung bleiben mehrere Schlüsselfragen ungeklärt. Das EEG 2.0 steht weiterhin zur Verabschiedung an und gilt dabei politisch als anspruchsvolle Herausforderung. Auch die genauen Regeln für die kommenden Ausschreibungen sind noch nicht festgelegt, ebenso wenig ist klar, wie die langfristige Rolle wasserstofffähiger Kraftwerke aussieht.
Die Industrie drängt auf sichere Förderinstrumente, zu denen Differenzverträge gehören sollen, um Investitionen in neue Kraftwerksprojekte kalkulierbar zu machen. Fachleute betonen, dass erneuerbare Energien und zusätzliche Reservekapazitäten nur dann sinnvoll zusammenspielen, wenn die politischen Rahmenbedingungen über Jahre stabil bleiben.
Die nächsten Wochen werden zeigen, ob die beschlossenen Maßnahmen tatsächlich genug Planungssicherheit schaffen und den Ausbau der Energiewende spürbar voranbringen. Klar ist: Die Diskussion über Technologieoffenheit, Kapazitätsmärkte und neue Fördermodelle wird eher intensiver als leiser werden.


