Mehr Ertrag für Landwirtschaft und Klimaschutz
Die Agri-Photovoltaik (Agri-PV) steht an der Schwelle zur nächsten Innovationsstufe. Forscher des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme (ISE) haben einen neuen Algorithmus zur Steuerung von Trackeranlagen entwickelt, der die Balance zwischen Solarstromerzeugung und landwirtschaftlicher Nutzung weiter optimiert. Die intelligente Nachführung der Module sorgt dafür, dass landwirtschaftliche Kulturen geschützt werden, ohne dass Solarertrag verloren geht. Das bedeutet einen doppelten Gewinn für Umwelt und Landwirtschaft.
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1. Synergien – wie Tracker Mehrwerte schaffen
Die neue Technologie erlaubt eine dynamische Anpassung der Solarmodule an Sonnenstand, Pflanzenbedarf und Witterung. Im Gegensatz zu starren Anlagen richten sich die PV-Module bei Trackeranlagen kontinuierlich neu aus – ein- oder zweiachsig – um den optimalen Einstrahlungswinkel zu erreichen. Gleichzeitig wird der Schattenwurf so gesteuert, dass empfindliche Kulturen wie Obstbäume, Gemüse oder Beerensträucher weder überhitzen noch Lichtmangel erleiden.
Ein Pilotprojekt auf einem Obsthof in Süddeutschland, begleitet vom Fraunhofer ISE, zeigt, wie erfolgreich diese Technologie bereits heute eingesetzt werden kann. Die Trackersteuerung reguliert gezielt die Bodenfeuchte, verringert Hitzestress und sichert stabile landwirtschaftliche Erträge. Gleichzeitig wird der Solarstromertrag signifikant gesteigert.
„Eine maßgeschneiderte Trackingstrategie hilft zudem, die Vorgaben verschiedener Regulierungen zu erfüllen“, sagt Maddalena Bruno, Projektleiterin am Fraunhofer ISE. Damit spielt die Technologie auch im Kontext zunehmender Netzanforderungen eine wichtige Rolle, wie etwa bei Einspeisemanagement oder Redispatch-Maßnahmen.
2. Hürden für den schnellen Zubau: Bürokratie, Kosten und fehlende Standards
Trotz der vielversprechenden Technik bleibt die großflächige Umsetzung von Agri-PV mit Trackersteuerung bislang die Ausnahme. Ein zentrales Problem sind langwierige, teils widersprüchliche Genehmigungsprozesse auf Länderebene. Kleine und mittlere Betriebe schrecken oft vor der Komplexität und den hohen Investitionskosten zurück – obwohl sich die Technik langfristig auszahlen kann.
Darüber hinaus fehlen klare technische Standards und abgestimmte Fördermechanismen. Während klassische PV-Projekte meist durch bestehende EEG-Strukturen gefördert werden, gibt es für kombinierte Agri-PV-Systeme mit Trackern bislang kaum spezifische Anreize. Auch Fragen zur Einspeisevergütung und zur Integration in bestehende Marktmechanismen sind häufig ungeklärt.
3. Intelligente Trackersteuerung in der Agri-PV – der nächste Schritt
Ein weiterer Innovationssprung soll nun die Steuerungssoftware marktreif machen. Ziel ist es, die Tracker nicht nur nach Lichtverhältnissen und Pflanzenbedürfnissen auszurichten, sondern auch Strommarktpreise zu berücksichtigen. So könnte der Solarstrom gezielt dann eingespeist werden, wenn Börsenpreise hoch sind oder das Netz entlastet werden muss.
Damit rückt Agri-PV mit intelligenter Trackersteuerung nicht nur ökologisch, sondern auch wirtschaftlich in den Fokus der Energiewende. Sie wird zur Schlüsseltechnologie, die Klimaschutz, Versorgungssicherheit und landwirtschaftliche Wertschöpfung miteinander verbindet.
4. Technologie mit Zukunft – wenn die Rahmenbedingungen stimmen
Agri-PV mit intelligenter Trackersteuerung zeigt eindrucksvoll, wie innovative Technik gleich mehreren gesellschaftlichen Zielen dienen kann: Ernährung sichern, erneuerbare Energien ausbauen und den Flächendruck in der Energiewende reduzieren. Die Doppelnutzung wertvoller landwirtschaftlicher Flächen wird damit zur tragfähigen Lösung, um Konflikte zu vermeiden und neue Wertschöpfung zu generieren.
Damit diese Technologie aus der Nische herauskommt, braucht es politische Flankierung: beschleunigte Genehmigungen, gezielte Förderprogramme und technische Standards für Betrieb und Integration. Dann wird aus dem Pilotprojekt ein neuer Standard mit den positiven Folgen für Klima, Landwirtschaft und Stromkunden gleichermaßen.


